Erzgebirge-Guide: Die schönsten Stopps rund um Schneeberg und Annaberg-Buchholz

Panorama-Rundweg Schneeberg im Erzgebirge

Der Herbst steht dem Erzgebirge gut. Am Morgen hängen dichte Nebelschleier in den Tälern, mittags leuchten die Hänge in Rot- und Goldtönen und abends taucht die Sonne alles in warmes Licht. Schon bei der Fahrt durch die Täler und Wälder entschleunigen wir. Hier heißt es: ankommen, durchatmen, loslaufen, hinein in eines der schönsten Mittelgebirge Deutschlands. Das Erzgebirge zieht sich südwestlich von Chemnitz entlang der sächsisch-böhmischen Grenze, mit beschaulichen Städten und Dörfern. Unten mäandern Schwarzwasser und Zwickauer Mulde, oben führen alte Wege über Höhenkämme mit weiter Aussicht.

Zwischen Fichtenkämmen und Schieferdächern liegt hier eine Landschaft, die leise „Glück auf“ sagt. Einst vom Bergbau geprägt, ist das Erzgebirge heute UNESCO-Welterbe. Die Region bietet einen wunderbaren Mix aus Draußen-Glück und Heimatgefühl: ganz viel Natur und weite Wege zum Wandern. Und dann diese andere Seite: Werkstätten, in denen es nach Holz, Harz und Räucherwerk duftet, kreative Menschen und ganz viele neue Ideen.

Turmaufstieg Kirche St. Wolfgang in Schneeberg im Erzgebirge
Technisches Museum Siebenschlehener Pochwerk in Schneeberg im Erzgebirge

Der PURPLE PATH: Kunst, die Orte verbindet

Entstanden im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt Chemnitz 2025, spannt der PURPLE PATH nun ein weites Netz zeitgenössischer Kunst bis tief ins Erzgebirge. Er ist kein durchgehender Wander- oder Radweg, sondern eine offene Einladung, per Abstecher von Ort zu Ort zu springen: In 38 Kommunen stehen, teils dauerhaft, teils temporär, Arbeiten von über 60 Künstler:innen. Vieles bleibt über 2025 hinaus bestehen; einzelne Positionen wandern oder enden mit dem Kulturhauptstadtjahr.

Auf unserem Weg durch das Erzgebirge legen wir in Lößnitz einen Stopp ein, bummeln durch die Gassen und stehen wenig später in der neogotischen Hospitalkirche St. Georg. Hier liegt Rebecca Horns Installation The Universe in a Pearl wie ein rätselhafter Apparat im Raum: zwei Spiegel am Boden, der obere rotiert langsam; ein dritter Spiegel hängt hoch über uns. Blickt man hinein, öffnet sich ein Reflexionsraum, der sich ins Unendliche staffelt. Ein Ring aus blauem Licht schmiegt sich an das eigene Spiegelbild, und für einen Moment fühlt es sich an, als würde der Kirchenraum nach innen weitergehen. Besonders schön: Während der Ausstellungszeiten sind in der Regel ehrenamtliche Begleiter:innen vor Ort. Wir werden freundlich begrüßt, hören die Entstehungsgeschichte und steigen sogar gemeinsam auf die Empore und fotografieren von oben. Die Arbeit ist noch bis zum 30. November 2025 in Lößnitz zu sehen.

PURPLE PATH Lößnitz Hospitalkirche St. Georg
PURPLE PATH Lößnitz Hospitalkirche St. Georg The Universe in a Pearl
PURPLE PATH Lößnitz Hospitalkirche St. Georg The Universe in a Pearl

Ein paar Schritte weiter begegnen wir Uli Aigners Projekt ONE MILLION: zwei monumentale Porzellangefäße, Item 3501 und 3502. Geformt wurden sie in Jingdezhen, der „Welthauptstadt des Porzellans“. Eines der Gefäße hielt nicht, sackte im Herstellungsprozess in sich zusammen. Aigner erklärt beide Formen, das vermeintlich intakte und das vermeintlich zerbrochene, zu gleichwertigen Existenzen innerhalb ihres Lebenswerks. Ihr Ziel ist wörtlich zu nehmen: Im Laufe ihres Lebens möchte sie eine Million Stücke fertigen, jedes nummeriert, jedes verortet. Das passt an diesen Ort, der über Kaolin und Kobalt die Geburt des europäischen Porzellans mit ermöglicht hat. Zwischen Erzgebirge und Meissen schließt sich hier ein Kreis: Material, Handwerk, Scheitern, Gelingen, alles Teil derselben großen Geschichte.

Lößnitz ist ein gutes Beispiel dafür, wie der PURPLE PATH funktioniert: Man kommt wegen der Kunst und fährt weiter mit einem Gefühl für den Ort.

PURPLE PATH Lößnitz Uli Aigner ONE MILLION Item 3501 und 3502
PURPLE PATH Lößnitz Uli Aigner ONE MILLION Item 3501 und 3502

Turmaufstieg Kirche St. Wolfgang

Vom kurzen Halt in Lößnitz sind es nur ein paar Minuten bis Schneeberg. Wir checken im urgemütlichen Gästehaus 1979 direkt am Markt ein, lassen die Tasche stehen und bummeln ohne Plan los: über den Platz, durch die Gassen, bis sich der Kirchplatz öffnet und St. Wolfgang vor uns steht. Daneben ragt ein bronzener Münzstapel aus dem Pflaster: Sean Scullys Coin Stack 2, Teil des PURPLE PATH.

Die Skulptur wirkt zunächst schlicht, erklärt sich aber beim Näherkommen: 40 runde Bronzescheiben sind leicht gegeneinander versetzt übereinandergeschichtet, insgesamt rund zweieinhalb Meter hoch. Scully, 1945 in Dublin geboren, erinnert damit an eine Kindheitsszene: Sein Vater, Friseur in London, stapelte am Abend das Trinkgeld. Aus kleinen Münzen wurde langsam ein Wochenbudget für die Familie. Dass dieser Stapel ausgerechnet hier steht, ist kein Zufall: Schneeberg kennt den Wert eines Groschens. 1496 und 1498 wehrten sich die Bergarbeiter gegen eine geplante Lohnkürzung um einen Groschen, ein früher, gut dokumentierter Arbeitskampf im Montanwesen. Der Münzstapel funktioniert so doppelt, als sehr persönliche Erinnerung des Künstlers und als Brücke zur lokalen Sozial- und Bergbaugeschichte.

Kirche St. Wolfgang im Erzgebirge - Sean Scullys Coin Stack 2
Markt in Schneeberg im Erzgebirge
Schneeberg im Erzgebirge
Schneeberg im Erzgebirge

Wir bleiben noch einen Moment am Platz, dann zieht es uns in die Kirche. St. Wolfgang. Die Kirche gilt als größte evangelische Hallenkirche Sachsens; ihr Innenraum wurde nach schweren Kriegszerstörungen von 1945 ab den 1950er-Jahren rekonstruiert, 1996 kehrte der bedeutende Reformationsaltar von Lucas Cranach d. Ä. in restauriertem Zustand an seinen Platz zurück.

Drinnen herrscht eine ruhige, helle Weite; wir gehen langsam am Cranach-Altar vorbei, lassen die Szenen wirken und entdecken kurz vorm Ausgang ein kleines Schild: Turmaufstieg. Ein paar Münzen später öffnet sich die schmale Tür. Die Stufen knarzen, die Wände werden dichter, dann wieder ein Fenster, etwas Luft, weiter nach oben. In den 1670er-Jahren wurde der Turm auf 72 Meter erhöht; oben öffnet sich der Blick ins weite Erzgebirge. Jetzt im Herbst leuchten die Kämme in Rot- und Goldtönen, Schneeberg liegt zu unseren Füßen, und am Horizont zeichnen sich weitere Bergrücken ab.

Turmaufstieg Kirche St. Wolfgang in Schneeberg im Erzgebirge
Turmaufstieg Kirche St. Wolfgang in Schneeberg im Erzgebirge
Turmaufstieg Kirche St. Wolfgang in Schneeberg im Erzgebirge

Das Uhren- und Schmuckatelier Möckel

Das Erzgebirge ist voll von Macherinnen und Könnern: Holz wird gedrechselt, Stoffe werden gefärbt, Messer geschmiedet, Uhren gebaut. Einer dieser Orte, an denen Handwerk lebendig bleibt, liegt nur einen Katzensprung vom Schneeberger Markt entfernt: das Uhren- und Schmuckatelier Möckel.

Susann Krause-Neels empfängt uns im lichthellen Werkraum. Ihr Platz ist die Goldschmiedebank: winzige Zangen, Feilen, Steine, Skizzen. Stück für Stück entstehen hier Ringe, Anhänger, Ohrringe, jedes ein Unikat. Sie ist die erste Goldschmiedin in einer Familie von Uhrmachern und führt das Atelier seit 2006 in fünfter Generation weiter.

Uhren- und Schmuckatelier Möckel in Schneeberg im Erzgebirge
Uhren- und Schmuckatelier Möckel in Schneeberg im Erzgebirge
Uhren- und Schmuckatelier Möckel in Schneeberg im Erzgebirge

Einen Stock höher arbeitet ihr Vater, Uhrmacher Frank Krause. Seine Welt sind Zahnräder, Räderwerk und Spiralen. Er baut die charakteristischen Möckel-Uhren komplett von Hand. So entstehen Modelle mit Namen wie Zeitlos mit Zeit, bei denen der Blick bewusst auf das lebendige Uhrwerk fällt, während das Zifferblatt sich zurücknimmt. Seit der Gründung durch Ernst Möckel im Jahr 1921 haben sich über die Jahrzehnte mehr als tausend Möckel-Uhren von Schneeberg aus in die Welt aufgemacht. Man spürt bei jedem Handgriff, dass es hier nicht um Trends geht, sondern um einen eigenen, geduldigen Takt.

Wer selbst über Schulter und Werktisch schauen möchte, kommt am besten im Herbst. Zu den Tagen des traditionellen Handwerks öffnen über 130 Manufakturen und Werkstätten im Erzgebirge ihre Türen. Dann kann man auch bei Familie Möckel zusehen, fragen, anfassen, staunen und begreifen, wie viel Können und Zeit in einer Uhr stecken und wie ein Schmuckstück Form annimmt.

Uhren- und Schmuckatelier Möckel in Schneeberg im Erzgebirge
Uhren- und Schmuckatelier Möckel in Schneeberg im Erzgebirge
Uhren- und Schmuckatelier Möckel in Schneeberg im Erzgebirge

Panorama-Rundweg Schneeberg

Am frühen Nachmittag reißt der Himmel kurz auf. Wir nutzen die Regenpause und schnüren die Schuhe. Vom Markt sind es nur ein paar Schritte, dann nimmt uns der Panorama-Rundweg auf: feuchtes Laub duftet nach Herbst, der Wald leuchtet in schönstem Gelb und Orange und zwischen den Stämmen blitzt immer wieder die St. Wolfgangskirche auf. Wir gehen nicht die ganze Runde, sondern tauchen einfach ein Stück in den Wald ein und schauen über die Stadt.

Das geht ganz einfach, denn der Panoramaweg lässt sich nach Belieben kürzen. Offiziell misst die Runde etwa 18,8 Kilometer, rund 265 Höhenmeter auf und ab, gut fünf Stunden Gehzeit. Wer nur eine Etappe laufen möchte, steigt an einer der Haltestellen entlang der Strecke in den Bus und ist schnell zurück im Zentrum. Empfohlen wird der Start am Rathaus in Richtung St. Wolfgang; ab dem Kirchplatz weisen die roten und blauen Markierungen den Weg hinüber zum Gleesberg.

An klaren Tagen lohnt der Blick von oben doppelt: Der Köhlerturm und der Bismarckturm öffnen das Panorama bis zum Erzgebirgskamm, mit etwas Wetterglück sogar bis hinüber zum Fichtelberg.

Panorama-Rundweg Schneeberg im Erzgebirge
Panorama-Rundweg Schneeberg im Erzgebirge
Panorama-Rundweg Schneeberg im Erzgebirge
Panorama-Rundweg Schneeberg im Erzgebirge
Panorama-Rundweg Schneeberg im Erzgebirge

Technisches Museum Siebenschlehener Pochwerk

Von Schneeberg sind es nur wenige Minuten mit dem Auto bis zum Siebenschlehener Pochwerk. Zwischen dunklem Fachwerk und schiefergedeckten Dächern werden wir freundlich zur Führung begrüßt. Zusammen laufen wir über das Gelände und landen schließlich mitten im Pochwerk. Ein beherzter Griff an den Hebel später setzt sich das oberschlächtige Wasserrad in Bewegung und die schweren Eichenstempel beginnen sich im Takt zu heben. Der Boden vibriert, Holz knarrt, Wasser rauscht. So wurde hier das Erz zu feinem Pulver zerschlagen, damit man das Wertvolle vom tauben Gestein trennen konnte. Im Pochwerk kann man so den Weg vom Brocken zum Blau nachvollziehen, denn das aufbereitete Material war die Grundlage für Kobaltblau in Glas und Keramik.

Die Anlage stammt aus den Jahren 1752/53 und wurde über den 600 Meter langen Pochwerksgraben aus dem Lindenauer Teich gespeist. Später kamen zwei sechs Meter große Wasserräder in steinernen Radstuben dazu. Alles ist maßstabsgetreu erneuert, sodass man die Mechanik nicht nur sieht, sondern mit allen Sinnen begreift. Was bei der Vorführung sofort klar wird: Das war Knochenarbeit. Feuchte Kälte kroch in die Kleider, Zugluft zog durch die Ritzen, und die Stempel hämmerten stundenlang. Staub, Lärm, schwere Lasten, Tag für Tag, bei Wind und Wetter. Unsere Führerin erklärt, warum Berg- und Aufbereitungsarbeit so viel Lebenszeit kostete und weshalb viele Arbeitende im Schnitt kaum älter als Mitte dreißig wurden.

Eine kurze Führung gehört zum Besuch dazu. Man meldet sich an der Kasse, dann geht es in kleinen Gruppen hinein, und das Wasserrad wird eigens in Gang gesetzt. Am besten kündigt man sich vorher an, oft klappt es aber auch spontan.

Technisches Museum Siebenschlehener Pochwerk in Schneeberg im Erzgebirge
Technisches Museum Siebenschlehener Pochwerk in Schneeberg im Erzgebirge
Technisches Museum Siebenschlehener Pochwerk in Schneeberg im Erzgebirge
Technisches Museum Siebenschlehener Pochwerk in Schneeberg im Erzgebirge

Werkhaus Schneeberg: Zufluchtsort mit Zimtduft

Es beginnt mit dicken Tropfen auf der Windschutzscheibe und einem kleinen Schild am Straßenrand. Ein Café? Wir biegen ab, mehr aus Instinkt als aus Plan, und stehen kurz darauf im Werkhaus: warmes Licht, der Duft von Wachs und Kuchen liegt genau wie das leise Klappern von Tassen in der Luft. Ein letzter Tisch wird frei, wir rutschen dankbar hinein. Später lernen wir: Hier ist oft alles schnell vergeben, ein kurzer Anruf vorab ist klug.

Ich bestelle Zimtkaffee mit Honig, dazu ein Stück hausgebackene schwedische Apfeltorte. Genau richtig für graues Wetter. Nebenan wird fleißig in der Kerzenwerkstatt gearbeitet. Durch eine Seitentür geht es in den Scheunenladen Biancas Decoart, wo schöne Kleinigkeiten aufs Mitnehmen warten.

Zwischendurch schaut jemand aus dem Team vorbei, fragt, ob alles passt, erzählt von kleinen Workshops und Aktionen, die hier übers Jahr stattfinden. Draußen prasselt der Regen, hier drinnen ist es herrlich gemütlich.

Café Werkhaus in Schneeberg im Erzgebirge
Café Werkhaus in Schneeberg im Erzgebirge
Café Werkhaus in Schneeberg im Erzgebirge

Wandern in Bad Schlema

Als der Regen langsam nachlässt, machen wir uns auf den Weg in das nur ein paar Kilometer entfernte Bad Schlema. Wir parken am Kurpark, hier und in der nahen Therme waren wir bei unserer letzten Erzgebirgsreise schon einmal. Heute sind die Wanderschuhe dran. Wir lassen das Auto stehen und laufen hinein ins Grün.

Mitten auf der Wiese ragt eine bronzene Silhouette in den Himmel: Stack von Tony Cragg ist ebenfalls Teil des PURPLE PATH. Die Oberfläche ist patiniert, die Form wirkt wie geschichtet und verdreht, mal wie verwitterter Fels, mal wie eine aufsteigende Rauchfahne. Im Kurpark steht die Skulptur in spannender Nachbarschaft zur Geschichte des Ortes: keine hundert Meter weiter lag der ehemalige Wismut-Schacht 7b, aus dem ab 1947 Uran gefördert wurde. Genau diese Reibung zwischen Natur, Erholung und industrieller Vergangenheit verdichtet Stack in einer einzigen Geste.

Stack von Tony Cragg in Bad Schlema im Erzgebirge
Stack von Tony Cragg in Bad Schlema im Erzgebirge
Stack von Tony Cragg in Bad Schlema im Erzgebirge

Vom Park aus steigen wir in den Bergbau- und Sanierungslehrpfad (Terrainkurweg 7) ein. Offiziell beginnt er am Museum Uranbergbau, wo man die Wandlung Bad Schlemas vom Radiumbad zum Uranstandort und später zurück zum Kurort nachvollziehen kann, wir stoßen direkt vom Kurpark dazu. Der Weg ist klar ausgeschildert und erzählt Schritt für Schritt, wie der Ort mit großem Einsatz seine Landschaft saniert hat.

Es geht bergauf durch den Wald, vorbei am Ehrenmal für die Opfer des Faschismus. Am Waldrand öffnet sich der erste weite Blick über Bad Schlema. Später queren wir unten die Hauptstraße, passieren das Lichtloch 9 und steigen hinauf auf eine der markanten Halden. Oben liegt das Panorama in großem Bogen vor uns. Eine zweite Halde folgt, an deren Flanke der Pfad entlangzieht; die Perspektiven wechseln mit jedem Schritt. Höhepunkt ist der Biedenkopfblick, benannt nach Ingrid und Kurt Biedenkopf, die sich maßgeblich für die Wiedergeburt des Kurortes eingesetzt haben. Von hier schweift der Blick über das Segel im Kurpark bis hinüber zur St. Wolfgangskirche in Schneeberg.

Der Rückweg führt durch Mischwald zur Eichhörnchenquelle, dann am plätschernden Silberbach entlang. Ein Abzweig bringt uns zum Geotop Roter Kamm, einem kleinen Fenster in die Erdgeschichte, gegenüber erinnert der Markus-Semmler-Stolln an den traditionellen Erzbergbau. Zum Schluss schlendern wir durch das Kurviertel mit Läden und Einkehrmöglichkeiten zurück zum Ausgangspunkt.

Der Lehrpfad ist Teil der Terrainkurwege, gut markiert, landschaftlich abwechslungsreich und je nach Abschnitt durchaus fordernd. Wer mag, kürzt über angeschlossene Haltestellen ab.

Bergbau- und Sanierungslehrpfad in Bad Schlema im Erzgebirge
Bergbau- und Sanierungslehrpfad in Bad Schlema im Erzgebirge
Bergbau- und Sanierungslehrpfad in Bad Schlema im Erzgebirge
Bergbau- und Sanierungslehrpfad in Bad Schlema im Erzgebirge

Annaberg-Buchholz

Am nächsten Morgen fahren wir hinüber nach Annaberg-Buchholz. Die Straßen ziehen sich in Kurven den Hang hinauf, oben liegt eine gewachsene Bergstadt: steile Gassen, ein großer Marktplatz, Handwerksläden zwischen alten Bürgerhäusern und über allem thront die große Stadtkirche.

Annaberg-Buchholz im Erzgebirge
Markt in Annaberg-Buchholz im Erzgebirge

Die Manufaktur der Träume

Im Museumsviertel von Annaberg-Buchholz, zwischen Erzhammer und Adam-Ries-Museum, führt die Manufaktur der Träume mitten hinein in das, wofür das Erzgebirge steht: Handwerk, Fantasie, Tradition. Herz des Hauses ist die Sammlung der Naturwissenschaftlerin Dr. Erika Pohl-Ströher. Über Jahrzehnte hat sie Spielzeug, Volkskunst und Alltagsobjekte aus ihrer erzgebirgisch-vogtländischen Heimat zusammengetragen. Heute gilt die Kollektion als größte ihrer Art aus privater Hand im deutschsprachigen Raum. Viele Stücke stammen aus den Jahren 1850 bis 1950, nicht nur aus dem Erzgebirge und Vogtland, sondern auch aus klassischen Spielzeugzentren wie Böhmen oder Nürnberg. Das Museum ist kein stilles Depot, sondern als Erlebnishaus angelegt: Man schaut, hört, riecht und berührt.

Der Rundgang startet mit dem Sehen: Eine raumgreifende Berglandschaft mit sanften Hügeln, unter deren Oberfläche feinste Miniaturen aufleuchten. Sobald man untertaucht, öffnen sich lebhafte Szenerien. Da ist ein Rittergut, daneben Bauernhöfe, Marktplätze, eine Winterstube. Figuren bewegen sich, kleine Lichter setzen Akzente, und plötzlich ist man mitten in Geschichten, die in Holz, Zinn und Farbe erzählt werden.

Eine Etage höher wird aus Schauen Machen. Hörstationen, kurze Filme, Quizkarten und vor allem Objekte zum Anfassen erklären, wie aus einem Stück Holz eine Pyramide wird, warum Mechanik im Kleinen so viel Geduld braucht und wie Bergbau und Spielzeugproduktion die Region geprägt haben. Man spürt die Maserung, riecht frische Späne, probiert Kurbeln und Hebel, vergleicht Serien- und Einzelstücke und versteht ganz nebenbei, warum diese Kunst bis heute weiterlebt.

Unter dem Dach folgt das Staunen: gedämpftes Licht, Pyramiden und Leuchter, darüber schweben Engel. Wer mag, setzt sich auf die Bank unter dem Gebälk und lässt die Eindrücke sacken, bevor es hinaus auf die Panoramaterrasse geht.

Manufaktur der Träume in Annaberg-Buchholz im Erzgebirge
Manufaktur der Träume in Annaberg-Buchholz im Erzgebirge
Manufaktur der Träume in Annaberg-Buchholz im Erzgebirge
Manufaktur der Träume in Annaberg-Buchholz im Erzgebirge
Manufaktur der Träume in Annaberg-Buchholz im Erzgebirge
Manufaktur der Träume in Annaberg-Buchholz im Erzgebirge

Die St. Annenkirche

Weithin sichtbar erhebt sich die St. Annenkirche über den Dächern von Annaberg-Buchholz. Der spätgotische Bau aus dem 15. Jahrhundert erzählt viel über den Reichtum und die Frömmigkeit der Bergleute. Wer eintritt, steht vor echten Kostbarkeiten: der ausdrucksstarken Kanzel von Franz Maidburg, dem Annaberger Bergaltar von Hans Hesse, dem Taufstein und der Schönen Tür von Hans Witten. Die Kirche ist zugleich Ort der Andacht und lebendiges Denkmal der regionalen Bergbautradition. Wer noch höher hinaus will, besteigt den 78,6 Meter hohen Turm. Seit 1999 wohnt die Türmerfamilie Melzer in 42 Metern Höhe über der Glockenstube und wacht über das Gemäuer. Von Mai bis Oktober sowie an den Adventswochenenden und zu Ostern ist der Aufstieg möglich.

St. Annenkirche in Annaberg-Buchholz im Erzgebirge

Markus-Röhling-Stolln: Unter Tage in Frohnau

Glück auf!, mit diesem Gruß beginnt unsere Führung im Markus-Röhling-Stolln im Annaberg-Buchholzer Stadtteil Frohnau. Helme sitzen, Umhänge sind geschlossen, dann klettern wir in die schmale Grubenbahn. Sie ruckt an, das Tageslicht bleibt zurück, nur das Quietschen der Schienen begleitet uns 600 Meter in den Berg.

Im Schein der Lampen erzählt unser Guide, wie hier seit dem 16. Jahrhundert Silber und Kobalt gewonnen wurden und warum der Stolln nach 1945 noch einmal wichtig wurde, als im Erzgebirge systematisch nach Uran gesucht wurde. Wir stehen vor schweren Werkzeugen, dürfen den kalten Stahl anfassen und hören, wie laut die Arbeit mit Druckluftgeräten gewesen sein muss. Ein kurzer Griff zum Hebel und das große hölzerne Wasserrad setzt sich in Bewegung: gleichmäßiges Schlagen, Tropfen von der Decke, ein tiefes Dröhnen aus dem Schacht. Für einen Moment klingt der Berg wieder wie früher.

Die Wege sind schmal, die Decke niedrig, an manchen Stellen geht es über steile Stufen. Unser Guide zeigt Schlägel und Eisen, erklärt Sprengtechnik, Wasserhaltung und warum das Leben der Kumpel so hart und kurz war: schwere Arbeit, Staub, Kälte und immer die Gefahr im Rücken. Als sie für ein paar Sekunden das Licht löscht, bleibt: nichts. Keine Hand vor Augen, nur Geräusche. Man versteht augenblicklich, wie viel Mut und Routine es brauchte, hier unten zu arbeiten.

Nach gut einer Stunde stehen wir wieder draußen und blinzeln in den Tag. Helme und Schutzumhänge gibt es vor Ort, eine warme Schicht darunter ist sinnvoll. Eine Reservierung für die beliebten Touren ist sinnvoll. Glück auf!

Besucherbergwerk Markus-Röhling-Stolln im Erzgebirge
Besucherbergwerk Markus-Röhling-Stolln im Erzgebirge
Besucherbergwerk Markus-Röhling-Stolln im Erzgebirge
Besucherbergwerk Markus-Röhling-Stolln im Erzgebirge
Besucherbergwerk Markus-Röhling-Stolln im Erzgebirge

Gut zu Wissen

Unterkunft
Wir haben im gemütlichen Gästehaus 1979 direkt am Markt in Schneeberg übernachtet. Das Haus bietet neben mehreren Gästezimmern auch eine große Ferienwohnung. Die Lage ist ideal, wenn du die Stadt gern zu Fuß erkundest: St. Wolfgang, kleine Läden und Cafés liegen nur ein paar Minuten entfernt. Drinnen erwartet dich ein warmes, persönliches Ambiente mit viel Holz und liebevollen Details. Die Zimmer sind gemütlich und ruhig, einige schauen auf den Markt, andere zum Hof. Das Frühstücksbuffet ist regional geprägt und wunderbar vielfältig.

Gästehaus 1997 in Schneeberg im Erzgebirge
Gästehaus 1997 in Schneeberg im Erzgebirge

Restauranttipps
Im Restaurant Goldne Sonne im Zentrum von Schneeberg wird solide, saisonale Küche aus dem Erzgebirge serviert. Das Gasthaus ist traditionell und gemütlich, der Service aufmerksam, ohne zu übertreiben. Die Gaststube füllt sich am Abend schnell, also besser reservieren; preislich bewegt sich das Ganze im mittleren Bereich, die Portionen sind groß.

Restaurant Goldne Sonne in Schneeberg im Erzgebirge
Restaurant Goldne Sonne in Schneeberg im Erzgebirge

Eine ebenso gute Adresse ist das Restaurant Zum Füllort in Bad Schlema. Hier bekommst du sehr leckere, herzhaft-regionale Küche in großartigem Bergbauambiente. Die Karte ist geprägt von lokalen Klassikern, die in großen Portionen am Tisch landen. Reservieren zur Hauptzeit zahlt sich aus.

Restaurant Zum Füllort in Bad Schlema im Erzgebirge
Restaurant Zum Füllort in Bad Schlema im Erzgebirge
Restaurant Zum Füllort in Bad Schlema im Erzgebirge

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Pinterest Grafik Erzgebirge
Laura Schneider erkundet geheimnisvolle Orte

Immer auf der Suche nach geheimnisvollen Orten …

Autorin
Laura Schneider

Laura Schneider ist das Gesicht hinter Herz an Hirn. Sie schreibt über Herzensdinge. Dinge die man leider viel zu oft verpasst, weil man zu viel über sie nachdenkt, sie einem zu groß, zu peinlich oder zu anstrengend erscheinen. Das sind aber genau die kleinen Alltagsabenteuer die glücklich machen und einem einen wohligen Schauer über den Rücken jagen. Mit „viel Spaß inner Backe“ macht sie sich auf die Suche nach dem Glück. Das findet sie auf Reisen, in gutem Essen, beim Werkeln oder Lesen.

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