Die Rhythmen von Martinique

  • Bereist im Herbst 2018.

  • Enthält Werbung. Dieser Blog-Beitrag entstand im Zuge einer unbezahlten Pressereise zu der mich Atout France, das Fremdenverkehrsamt Saint Lucia,  La Martinique und Condor eingeladen haben.

Regenbogen Lakou A Martinique Geheimtipp

Laut dringt der Bass der Trommel durch den dichten Wald und vermischt sich mit dem prasselnden Regen, der unermüdlich auf das grüne Blätterdach fällt. Dazwischen immer wieder Gesang. Wechselseitig wie ein Frage-Antwortspiel.

Regenwald Lakou A Martinique Geheimtipp

Der schönste “Vorgarten” den ich mir vorstellen kann.

Bèlè – im Takt der Trommeln

Der Bèlè hat seinen Ursprung in der Sklavenzeit. In den Bergen von Martinique, entwickelte sich diese besondere Musik, die Kraft gibt und schnell zu einer Bewegung für Freiheit und Widerstand gegen die Sklaverei wurde.

Le Bèlè war fester Bestandteil des Lebens der Sklaven. Es gab einen festen Rhythmus zum Arbeiten, einen Rhythmus zum Kämpfen, einen Rhythmus zum Feiern und natürlich auch einen Rhythmus zum Verführen.

Das Bèlè selbst, ist eine große Trommel, auf der der Tanbouyè wie auf einem Pferd sitzt und einen gleichbleibenden Rhythmus spielt. Jeder Schritt und jeder Trommelschlag hat eine feste Bedeutung, die heutzutage immer mehr verloren geht.

Bèlè Lakou A Martinique Geheimtipp

Der immer gleiche Rhythmus dringt in meinen Kopf und Körper und führt unweigerlich dazu, dass ich mich im Takt bewege. Erst langsam und gehemmt,  dann immer mutiger, folge ich dem Klang und den Anweisungen die Renaud Bonard uns zuruft. Wir teilen uns auf. Stehen uns gegenüber, bewegen uns aneinander vorbei, tanzen wie beim Walzer zusammen, trennen uns wieder und beginnen zu verstehen, was Bèlè bedeutet.

Lakou A Martinique Geheimtipp

„Lakou A“ – der Hof, auf dem Geschichte lebt

Um diese besondere Kultur zu bewahren, hat Renaud Bonard „Lakou A“ (kreolisch für der Hof) auf dem Land seiner Großmutter gegründet. Im Herzen von Martinique in der Gemeinde Gros-Morne zwischen Mandarinenbäumen, Gemüsebeeten und Urwald, ist ein Ort zum Austauschen, Kochen, Singen und Tanzen entstanden. Hier kommen die Menschen beim Soiree Bèlè zum Tanzen und singen alte Lieder zusammen und hier organisiert Renaud, für Gruppen wie uns, wunderbares Essen mit gemeinsamem Tanz und Gesang.

Lakou A Martinique Geheimtipp

Aus “dem Hof” ist längst ein Treffpunkt für die Gemeinschaft geworden.

Lakou A Martinique Geheimtipp

Ende November hängen die letzten Mandarinen an den Bäumen.

Lakou A Martinique Geheimtipp

Lasotè – im Bann der Klänge

Unter dem großen Wellblechdach greift Renaud Bonard nun zu einer Handtrommel, der Tambour, und stimmt ein Lied an. Wieder folgt ein Wechselspiel. Auf die kurzen Strophen antworten wir mit dem langgezogenen Ausruf „Yéla!“. Dazu stellt er eine Gruppe auf, die als Arbeiterinnen mit Hacken im Rhythmus die rote, festgetretene Erde bearbeiten sollen.

Yéla
Mwen ni gran jilé
Yéla
Mwen alé an chanm
Yéla
Mwen wouvè larmoi
Yéla
Mwen pran gran jilé
Yéla
Mwen misiré li
Yéla
Passé an lè mwen
Yéla
mwen ka désann an vil
Yéla
La fami gran jilé

Nach Ende der Kolonialzeit wurde den Menschen Land zugesprochen, auf dem die Arbeiter Landwirtschaft betreiben konnten. Meist handelte es sich dabei um abschüssiges, nur schwer zu erreichendes Gelände in den Bergen. Dementsprechend hart und beschwerlich war die Arbeit auf den unwegsamen Feldern. Der beschwingte Rhythmus und die Wechselgesänge des Lasotè hilft den Menschen heute noch bei der Bewirtschaftung der Äcker.

Lasotè Lakou A Martinique Geheimtipp

Spielerisch lernen wir wie der Lasotè die Arbeit erleichtert.

Trempage- ein soziales Gericht

Genau wie der Tanz ist heute auch unser Essen Teamwork. Während Renaud Bonard einen weiteren Scheit auf das prasselnde Lagerfeuer legt, über dem in einem großen Topf Fischsuppe kocht, trocknen wir große Bananenblätter ab, die uns zusammengelegt als riesiger Teller dienen. Gemeinsam tauchen wir altbackenes Brot in Wasser und verteilen es klein gerupft auf den Blättern. Es folgen Bananen- und Avocadostücke, geräucherter Hering und die Fischsuppe, die Renaud großzügig auf der Trempage, dem heimlichen Nationalgericht von Martinique, verteilt. Wir stellen uns rund um die lange Tafel: die rechte Schulter nach vorne und möglichst nahe aneinander, damit auch möglichst jeder ans Essen kommt. Mit der rechten Hand versuche ich die Trempage unfallfrei an meinem weißen T-Shirt in den Mund zu zirkeln. Gar nicht so leicht!

Trempage- Lakou A Martinique Geheimtipp

Ein bis zweimal im Jahr bereiten die Familien auf Martinique eine Trempage zu. Die Zutaten variieren dabei.

Trempage- Lakou A Martinique Geheimtipp

In der kleinen Küche haben Renauds Helferinnen derweil weitere Köstlichkeiten aus dem Gemüse, das rund um „Lakou A“ wächst, zubereitet. So kommen wir in den Genuss von Kochbananen, Salat mit Stockfisch, Ti Punch, frischem Kokosnusswasser, Brotfrucht und marinierten Schweineschwänzen.

Lakou A Martinique Geheimtipp

Barfuß laufe ich zur improvisierten Bar. Bedecke den Boden meines Glases mit Rohrzucker, gebe einen großen Löffel voll Passionsfrucht hinzu und fülle mit einer Fingerbreite Rum auf. So trinke ich den Ti Punch am liebsten, den man klassischerweise mit Limette statt Passionsfrucht zubereitet. Aus der Ferne proste ich Renaud zu, während ich langsam zum Rhythmus der Trommeln in meinem Kopf wippe.

Lakou A Martinique Geheimtipp

Musik, spannende Gespräche und den einen oder anderen Ti Punch: Perfekt!

Lakou A Martinique Geheimtipp

Gut zu Wissen

Wo befindet sich das „Lakou A“?

Das „Lakou A“  befindet sich mitten im Nirgendwo in Chemin La Borelie in Gros-Morne. Lasst euch von der Holperstraße und dem dichten Wald nicht abhalten. Eine genaue Anfahrtsbeschreibung könnt ihr von Renaud bekommen. Am besten könnt ihr ihn über seine Facebook-Seite  erreichen.

Wann finden Veranstaltungen im „Lakou A“ statt?

Die Soiree Bèlè findet in unregelmäßigen Abständen am Freitagabend statt. Informiert euch vorher über Renauds Facebook-Seite. Dort kündigt er alle Termine an.

Als Gruppe könnt ihr bei Renaud auch eigene Veranstaltungen buchen.

Wo kann ich auf Martinique sonst noch mehr über Bèlè lernen?

Neben dem  „Lakou A“ könnt ihr euch im Maison du Bèlè in Sainte-Marie und in der Association AM4 in Fort-de-France informieren und gelegentlich auch tanzen.

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Laura Schneider erkundet geheimnisvolle Orte

Immer auf der Suche nach geheimnisvollen Orten …

Autorin
Laura Schneider

Laura Schneider ist das Gesicht hinter Herz an Hirn. Sie schreibt über Herzensdinge. Dinge die man leider viel zu oft verpasst, weil man zu viel über sie nachdenkt, sie einem zu groß, zu peinlich oder zu anstrengend erscheinen. Das sind aber genau die kleinen Alltagsabenteuer die glücklich machen und einem einen wohligen Schauer über den Rücken jagen. Mit „viel Spaß inner Backe“ macht sie sich auf die Suche nach dem Glück. Das findet sie auf Reisen, in gutem Essen, beim Werkeln oder Lesen.