Die Grande Dame der Fotografie- Auf den Spuren von Marie Goslich rund um das “Hotel & Restaurant Am Alten Rhin”
Im Schneidersitz mache ich es mir auf einem Steg irgendwo zwischen Alt Ruppin und Wustrau gemütlich. Die warme Sonne scheint mir auf den Nacken, während unter mir das Wasser rhythmisch schwappt und gluckert. Vor mir schippert ein Hausboot über den großen See, abgesehen von den paar Vögeln, die in der nahen Eiche ein Konzert für mich veranstalten, alleine in der Natur.
Wanderung durch die Mark
Ich schließe die Augen und träume mich ein Jahrhundert zurück, in die Zeit in der Fontane durch die Mark Brandenburg wanderte und den Stoff für sein umfangreichstes Werk die “Wanderungen durch die Mark Brandenburg” sammelte. Weite Landschaft, Schlösser, Kirchen, Klöster, Gesichter und Geschichten festgehalten in fünf Bänden, auf tausenden Seiten.
Werbung (Affiliate Links)
Noch mehr Inspiration für deine Reise nach Brandenburg findest du in meinem Buch!
In unserem Reiseführer “52 kleine & große Eskapaden Fläming, Niederlausitz und Spreewald: Ab nach draußen!” nehmen Inka Chall und ich dich mit auf 52 besondere Touren. Entdecke mit uns durch schmucke Kleinstädte und Dörfer und wandere mit uns durch die Natur. Wir verraten dir unsere Lieblingsplätze und Herzensorte südlich von Berlin.
Marie Goslich- die erste professionelle Fotografin weltweit
Auch ich wandere heute durch die Mark, rund um den Ruppiner See. Statt auf den Spuren des großen Schriftstellers bin ich jedoch auf den Spuren der nicht minder großen und talentierten, dafür aber weitaus unbekannteren, Marie Goslich unterwegs. Marie, die 1859 in Frankfurt an der Oder geboren wurde, arbeitete als Schriftstellerin und Redakteurin in einem Beruf der für Frauen ihrer Zeit fast undenkbar erschien. Um ihre Geschichten und Reportagen selbst illustrieren zu können, ließ sich Marie mit 44 Jahren als Fotografin ausbilden und wurde so zu einer der ersten professionellen Fotografinnen weltweit.
Marie Goslich bei der Arbeit ©Krystina Kauffmann
Mit ihrer riesigen, schweren Plattenkamera zog Marie Goslich durch Brandenburg und dokumentierte, anders als Fontane, vor allem die sozialen Missstände ihrer Zeit. Immer wieder prangerte sie die Kluft zwischen Arm und Reich an, porträtierte Bettler, Kranke, Arbeiter und Verfall und versucht die Ursachen der Missstände zu ergründen. Die dabei entstandenen Aufnahmen erzählen Geschichten von Mitgefühl, Stärke und Würde der Schwachen und gelten als Spiegel ihrer Zeit. Immer wieder finden sich in ihrem Werk auch Aufnahmen von märkischen Landschafen und vor allem die Poesie der Landstraßen. Sandige Wege umrahmt von dichtem Wald, Alleen oder Feldern.
©Krystina Kauffmann
©Krystina Kauffmann
Die Poesie der Landstraße
Auf diesen Wegen bin auch ich heute unterwegs. Rund um den Ruppiner See wandere ich durch kleine, romantische Dörfer, vorbei an alten Dorfkirchen, Fachwerkhäusern und Bauernhöfen, vom Wasser begleitet durch die Natur. Immer wieder stoße ich auf kleine versteckte Badestellen und Stege, die mich zum Planschen einladen und Obstbäume, deren Äste sich schon jetzt unter der Last der Früchte biegen. Ganz egal, ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Auto die Wege rund um den Ruppiner See lassen sich auf jede Art wunderbar erkunden.
Geschichte zum Anfassen im Brandenburg-Preußen Museum in Wustrau
In Gedanken schweife ich ständig zu Marie ab, über die ich heute im Brandenburg-Preußen Museum in Wustrau so viel gelernt habe. Im Fontanejahr 2019 findet hier eine Sonderausstellung zu Marie Goslich statt, deren Werk erst vor wenigen Jahren in einem Gasthaus in Geltow am Schwielowsee wiederentdeckt wurde. “Goslich sah Fontane äußerst kritisch”, erzählt mir der Museumsdirektor Dr. Stephan Teilig. In einigen Briefen finden sich Seitenhiebe der Journalistin auf Fontane, in denen sie den schlechten Umgang des Schriftstellers mit seinen Kollegen, von denen er viele Informationen für die “Wanderungen durch die Mark Brandenburg” sammelte, kommentierte “Fontane ist bei weitem nicht alle Wege selbst gelaufen, stattdessen bediente er sich bei Anderen”.
Fasziniert folge ich Stephan durch das Museum und lausche seinen Erklärungen. Anders als von mir erwartet, wird hier die Zeit der Preußen nicht verherrlicht, sondern die Geschichte mit all ihren Licht- und Schattenseiten äußerst spannend dargestellt. “Geschichte muss man erleben können”, sagt Stephan und drückt mir prompt ein winziges, uraltes Gebetsbuch in die Hand, in dem ich staunend blättere. Dieses Konzept zieht sich durch das ganze Museum. Kein Wunder, dass das Haus von so vielen Schulklassen besucht wird.
Rund um den Ruppiner See
Nach einem Abstecher in die prächtig gestaltete Dorfkirche von Wustrau, in der Stephan mir die Orgel zeigt, führt mich mein Weg nach Altfriesack zur Fischerhütte Pfefferkorn. So viele Informationen machen hungrig. Während ich mir mein Fischbrötchen schmecken lasse, beobachte ich eine kleine Wasserschlange, die gemütlich ihre Bahn auf dem Angelteich zieht. Plötzlich platschen erste Tropfen ins Wasser und sorgen für eine willkommene Abkühlung an diesem heißen Tag.
Neuruppin
Im warmen Sommerregen geht es für mich weiter nach Neuruppin. In der Geburtsstadt Fontanes erkunde ich die kleinen Gässchen und Plätze des charmanten Ortes, bevor mich der immer stärker werdende Regen und meine müden Beide zurück in mein gemütliches Hotel in Alt Ruppin führen.
Träumen und entspannen im “Hotel am alten Rhin”
Bevor ich müde und sehr glücklich in mein großes Bett im “Hotel & Restaurant Am Alten Rhin”” falle, erkunde ich aber noch kurz das Landschaftsschutzgebiet, das direkt hinter dem 3-Sterne Superior Haus liegt. Über die hoteleigene Brücke, die sich über den Rhin spannt, tauche ich in das dichte Grün ein. Mit ein bisschen Glück lassen sich hier Seeadler, Eisvögel und Biber beobachten. Immer wieder blitzt der Ruppiner See, der mit einer Länge von 14 km der längste See Brandenburgs ist, durch die Bäume. Bei meiner nächsten Reise nach Alt Ruppin muss ich mir unbedingt ein Kanu beim angrenzenden Bootsverleih mieten und den See von der Wasserseite erkunden.
Gerade noch rechtzeitig wecken mich am Abend die Schwalben mit ihrem munteren Zwitschern. Fast hätte ich das Abendessen verschlafen! Zum Glück haben die gefiederten Sangeskünstler es sich vor meinem Fenster gemütlich gemacht. Bis auf wenige Zentimeter kann ich an die Scheibe treten und die kleinen Vögel beobachten, die sich emsig putzen und trällern. Nur schwer kann ich mich von dem Anblick losreißen, doch das Abendessen lockt.
Schlemmen wie Fontane- Das Fontane Menü
Im Restaurant habe ich die Wahl zwischen der schönen großen Außenterrasse und dem urigen gut bürgerlich – klassizistisch gestalteten Innenraum, in dem sich neben schönen alten Möbeln auch liebenswerte Erinnerungsstücke finden. Ich lasse mich vom gemütlichen Sofa locken und versinke tief in den weichen Polstern, während ich mich durch die Speisekarte stöbere. Forellen direkt vom Fischer und Wild aus Neuruppiner Wäldern lassen meinen Magen hungrig knurren. Schlussendlich fällt meine Wahl auf das Fontane Menü, das zum Fontanejahr 2019 im “Hotel & Restaurant Am Alten Rhin” angeboten wird.
In vielen seiner Werke spielt auch das Thema Genuss eine große Rolle. Dies nahmen mehrere Gastronomen aus dem Ruppiner Seenland zum Anlass, unter dem Motto “fontane.kulinarik” einzigartige Fontanemenüs zu entwickeln, die die niedergeschriebenen kulinarischen Geschichten wiedergeben. Frei nach Fontanes Aussage „Es wäre kein echtes Spreewaldmahl, wenn nicht ein Hecht auf dem Tisch stünde“ erwartet mich im “Hotel & Restaurant Am Alten Rhin” neben einer geeisten Gurkensuppe und Sauerkirsch Pumpernickel- Parfait auf Birnenragout, das an Fontanes bevorzugter Nachspeise Pumpernickel mit Schlagsahne erinnert, auch die Reusenplatte auf mich.
Alt Ruppin war schon immer ein Ort, in dem viele Fischer lebten. Daran erinnert heute noch der Fischerkiez direkt am Rhinfluss und die vielen Reusen, die im Ruppiner See stehen. Auf der großen Reusenplatte finde ich nun alles, was so eine Reuse hergibt. Gedünstete Forellenfilets, gebratener Zander, hausgemachte Hechtboulette und Flusskrebse, dazu Wurzelgemüse und Petersilienkartoffeln. Mit dem ein oder andere Gläschen Fontanewein schlemme ich mich durch das Menü und stoße auf Marie Goslich und Fontane an, ohne die ich niemals so ein schönes Wochenende erlebt hätte.
Teile diesen Beitrag auf Pinterest:
Immer auf der Suche nach geheimnisvollen Orten …
Autorin
Laura Schneider
Laura Schneider ist das Gesicht hinter Herz an Hirn. Sie schreibt über Herzensdinge. Dinge die man leider viel zu oft verpasst, weil man zu viel über sie nachdenkt, sie einem zu groß, zu peinlich oder zu anstrengend erscheinen. Das sind aber genau die kleinen Alltagsabenteuer die glücklich machen und einem einen wohligen Schauer über den Rücken jagen. Mit „viel Spaß inner Backe“ macht sie sich auf die Suche nach dem Glück. Das findet sie auf Reisen, in gutem Essen, beim Werkeln oder Lesen.
8 Kommentare
Hinterlasse einen Kommentar
Inhaltsverzeichnis
Wow ich könnte mir nicht vorstellen, wie schwer es für Marie Goslich gewesen ist. Ist inspirierend von Personen zu lesen, die gegen die Normen der Gesellschaft gehen. Am liebsten fand ich das Bild von dem Buch, macht einen mysteriösen Eindruck!
Das hat mich auch wirklich begeistert. Kaum auszudenken, wie viel Hürden Marie Goslich überwinden musste. Außerdem finde ich es großartig, dass mit Marie eine starke Frau aus der Geschichte in den Fokus gerückt wird. Oft werden die weiblichen Helden der Vergangenheit ja nur als “Frau von…” abgehakt.
Wie hast du die Marie eigentlich “gefunden”? Es ist oft schwer, Frauen zu finden die etwas beigetragen haben, da die nicht oft erwähnt wurden. Oder der geleistete Beitrag wurde einen Man zugerechnet.
Das hast du leider recht. Ich habe Marie über das Hotel “Am Alten Rhin” gefunden, die im Zuge des Fontanejahres in Arrangement zu Marie Goslich entwickelt haben. Das fand ich so spannend, das ich es unbedingt testen wollte.
Das Bild mit der Kletterpflanze, die das Haus überwachsen hat. Das könnte irgendwo in einem Romantischen Viertel in England sein. Da kommt direkt das Mädchen aus mir raus, das zu viele Schnulzen gesehen hat! Ok, ich lenk mich ab mit dem Nachtisch. 😛
Vielleicht an einen garten bei Notting Hill? 😉 Was für ein Film …
Wow, das war richtig schön! Die Bilder gefallen mir sehr gut und ich freue mich jetzt sooooo sehr auf Samstag – dann geht es in den Urlaub nach Neuruppin 😀
Danke für die tolle Einstimmung. Meine Kamera und ich scharren schon mit den Füßen *lach*
[…] unglaublich spannend zu sehen, wie viele neue Erkenntnisse über das Leben und das Werk Goslichs seit meinem letzten Besuch des Museums vor einem Jahr, im Zuge der Ausstellungsvorbereitungen, gewonnen werden konnten. Erst sei eine reine […]