24 Stunden im Westfläming // Wandern mit Alpakas und andere Glücklichmacher

11:00 Besuch in der Vogelschutzwarte Storchenhof Loburg

In der Vogelschutzwarte Loburg bekommt eine alte Sage ganz neue Bedeutung. Hier haben nämlich die Störche, die landläufig ja nicht nur Kinder sonder auch das Glück auf einen Hof bringen, selbst einmal ganz großes Glück gehabt, kommen die stolzen Vögel doch meistens in einem katastrophalen Zustand auf den Storchenhof. Die verletzten, verwaisten oder kranken Tiere werden hier, zusammen mit anderen Wildvögeln, mit viel Einsatz aufgepäppelt und später, wenn möglich, wieder ausgewildert.

Adresse: Chausseestraße 18, 39279 Loburg 

Neben der Vogelpflege steht im Storchenhof die Naturbildung an vorderster Stelle. Bei einer Führung über das weitläufige Gelände erfuhren wir von Dr. Kaatz viel über Flugrouten, Brutverhalten und Besonderheiten der Großvögel. Und auch wenn momentan die meisten Störche ihren wohlverdienten Winterurlaub im Süden verbringen, hat der Storchenhof viel zu bieten. Neben vielen selbstgebauten Lernstationen, an denen Kinder ganz spielerisch alles über den Storch lernen können, leben auf dem Storchenhof auch im Winter vier Störche, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr fliegen können und so ihr festes Zuhause in Loburg gefunden haben.

Nach der spannenden Führung und den vielen neuen Informationen auf dem Storchenhof, wurde es Zeit für ein kleines bisschen Entspannung. Deswegen ging es zur….

13 Uhr Mittagspause im Barbycafe Loburg

Das Barbycafe veranlasste mich vor meinem Besuch zu wilden Spekulationen. Vor meinem inneren Auge sah ich eine rosa Villa, in der man eingequetscht zwischen unzähligen “Barbi-Puppen” seinen Kaffee aus winzigen Tässchen schlürft. Nun ja, ich könnte mir Schöneres vorstellen…. Glücklicherweise wurde meine Vision nicht wahr. Das Café befindet sich nämlich im ehemaligen Verwaltungsgebäude des Loburger Rittergutes der Familie von… BARBY und hat mit Plastikpuppen rein gar nichts zu tun. In urgemütlicher Atmosphäre kann man hier, zwischen Kunst, Design und Dekoobjekten, hausgemachte Köstlichkeiten verspeisen.

Adresse: Münchentor 1, 39279 Loburg

Unzählige Kuchen, deftige Suppen und Fassbrause aus der Region (lecker!) lassen hier das Herz eines jeden hungrigen Gastes höher schlagen. Eingekuschelt auf einem der alten Sofas, mit einer Kochzeitung in der einen Hand und einem Kaffee aus eigener Röstung in der Anderen, kann man hier ganz schnell die Zeit vergessen und sich einfach nur wohlfühlen. Und auch Souvenirjäger kommen hier auf ihre Kosten. In dem alten Gebäude verstecken sich überall charmante Dekoartikel, die man bei Gefallen erwerben und als schickes Andenken mit nach Hause nehmen kann.

Nach einer langen Mittagspause setzten wir unsere Reise vollgefuttert in Richtung Zerbst fort.

15:00 Uhr Schlossbesichtigung in Zerbst

Wenn Mauern Geschichten erzählen könnten, hätte das Schloss Zerbst einiges zu berichten. Die Residenz der Fürstenfamilie von Anhalt-Zerbst, wurde von namhaften Küstlern und Baumeistern aus Europa gestaltet, war bis zu ihrer Abreise nach Russland das Zuhause der zukünftigen Zarin Katarina der Großen, wurde in den 20er Jahren Museum und fiel an einem der letzten Kriegstage des zweiten Weltkrieges fast vollständig einem Bombenangriff zum Opfer. So mussten zwei von drei Schlosstrakten vollkommen abgerissen werden. Der einst prächtige Adelssitz war jahrzehntelang Wind, Wetter und Vandalismus frei ausgesetzt.

Es wäre wohl jede Hilfe für das Schloss zu spät gekommen, hätten sich 2003 nicht ein paar engagierte Menschen gefunden, die den Verfall nicht weiter hinnehmen wollten und dem altehrwürdigen Gebäude neues Leben einhauchten. Nach langwierigen Aufräumarbeiten sicherte der Förderverein die Gebäudestruktur ab, zog Decken und Treppen ein und öffnete das Haus für Führungen. Heute findet man im Schloss eine ganz besondere Mischung von Verfall und Prunk. Da hängen barocke Gemälde an der blanken, mit Graffitis besprühten Wand und Kronleuchter stehen im Kontrast zum fehlenden Treppengeländer. Nach und nach gibt der Förderverein den Räumen ihr altes Gesicht, zum Beispiel mit Fototapeten und historischen Möbeln, zurück.

Adresse: Katharinenweg, 39261 Zerbst/Anhalt 

Das Schloss Zerbst ist ein ganz besonderer Ort, voll von morbidem Charme, Liebe zur Geschichte und ganz viel Enthusiasmus, der auch für Veranstaltungen genutzt werden kann. Ich könnte mir kaum eine schönere und besondere Lokation für eine Feier vorstellen….

Natürlich spielt in Zerbst Katharina die Große eine wichtige Rolle, gehört sie doch zu den bekanntesten historischen Persönlichkeiten. So kann man nach einem Besuch im Schloss auf einen…

16:30 Uhr Stadtbummel auf der Katharina Route in Zerbst

…aufbrechen.

Auf den Spuren von Katarina der II wandert man auf der Katharina Route über 10 “höfische Stationen” rund ums Schloss, die aus dem Leben der Prinzessin und ihrer Familie erzählen. Unsere Tour  begannen wir direkt am Schloss Zerbst, dessen Außenansicht noch stark an den einstigen Gesamtzustand den Gebäudes erinnert. Vorbei am Rathaus, ging es für uns zur Hof- und Stiftskirche St. Bartholomäi. Die Abtei, wurde genau wie das Schloss im zweiten Weltkrieg stark beschädigt, so steht man heute in Teilen der Kirche unter freiem Himmel. Ein ganz besonderes Erlebnis. Über die “Breite” geht es anschließend vorbei an der Stadtmauer und durch den Schlosspark zurück zum Schloss.

Am besten lässt sich die Katarina Route mit der dazugehörigen Karte erkunden. Die findet ihr im Schloss Zerbst, im Rathaus oder online hier.

Nach dem Spaziergang auf den Spuren einer der berühmtesten Frauen überhaupt, verließen wir Zerbst und machen uns auf den Weg nach Luso und Polenzko.

17:30 Uhr Besuch der Gesangsburchkirche Luso und der Weihnachtskirche Polenzko

Die meisten Dorfkirchen haben ein großes Problem: sie drohen dem Vergessen anheim zu fallen. Kaum ein Besucher verirrt sich mehr in die kleinen Gotteshäuser und möchte doch mal jemand eine der Dorfkirchen betreten, kommt es nicht selten vor, dass er vor verschlossener Tür steht. Dem Verband der Kirchenbauvereine ging das gehörig gegen den Strich, so entstand ein außergewöhnliches Konzept, das die Kirchen wieder Teil des dörflichen Lebens werden ließ.

Die Basis bildet die Idee der Stiftung, die Kirchen Tag und Nacht zu öffnen und ihnen eine thematische Ausrichtung, die zu den Dorfbewohnern passt, zu geben. So fühlten wir uns, nach dem Betreten der Gesangsbuchkirche Luso, fast wie in einem gemütlichen Antiquariat, stapeln sich doch auf jeder freien Fläche alte, ausgemusterte Gesangsbücher die der Kirche ein unglaublich heimeliges Ambiente verleihen. Hier blätterten wir uns durch die antiken Bücher, staunten über besonders kleine oder große Exemplare und blieben viel länger als für uns üblich in dem Gotteshaus.

Adresse Gesangsbuchkirche: Ringstraße 11, 39264 Luso  Zerbst/Anhalt
Adresse Weihnachtskirche: Dorfstraße 26, 39264 Polenzko
Adresse Dorfkirchenmuseum: Dorfstraße 1, 39264 Garitz 

Genau das Gegenteil erwartete uns in der Weihnachtskirche Polenzko…Weihnachten auf den Osterinseln beschreibt das Konzept der Themenkirche wohl ganz gut. Ja, richtig gehört. In der unscheinbaren Dorfkirche herrscht das ganze Jahr über Festtagsstimmung, ist sie doch das Zuhause der größten Weihnachtskrippe der Welt. Die 3 Meter großen Figuren des Zerbster Bildhauers Sommer erinnern stark an die weltbekannten Statuen auf den Osterinseln und sind definitiv das Kurioseste, was ich je in einer Kirche gesehen habe.

Wer gerne noch mehr über die Themenkirchen erfahren möchte, dem sei ein Besuch im Dorfkirchenmuseum Garitz ans Herz gelegt.

Für alle die nun nach dem langen Tag wieder ein leichtes Hungergefühl verspüren, geht es jetzt ab nach Gommern.

19:30 Abendessen und anschließend Übernachtung in der Wasserburg zu Gommern

Adresse: Walter-Rathenau-Straße 9-10, 39245 Gommern 

Umgeben von alten Weiden und geschützt vom Burggraben und dicken Mauern, fühlt man sich in der über 1000 Jahre alten Wasserburg zu Gommern, ein bisschen in der Zeit zurück versetzt. Fast erwartet man, dass hinter der nächsten Ecke ein Ritter auf sein Pferd gehievt wird oder man dem Burgfräulein über den Weg läuft. Doch statt Adeligen, Knappen und Zofen finden heutzutage Hotelgäste ein gemütliches Heim auf Zeit in dem alten Gemäuer. In 46 gut ausgestatteten Hotelzimmern kann man sich, in dem auf Hochzeiten und Familienfeiern spezialisierten Haus, selbst ein bisschen wie der Schlossherr fühlen.

Und auch verhungern wird hier keiner. In der hauseigenen Brauerei kann man in urigem Ambiente und mit Blick auf die Braukessel, leckeres Bier und Fassbrause trinken und super essen. Ich empfehle euch da besonders die Kartoffelsuppe, zwar haben mir da auch Kräuterschnitzel auf Süßkartoffelpüree und der Pflaumencrumbel wirklich gut geschmeckt, aber ich sag euch… die Suppe ist ne Wucht!

Am nächsten Morgen geht es nach einem gemütlichen Frühstück in der Wasserburg auf nach Zernits. Hier kann man die Kalorien, die man sich am letzten Abend angefuttert hat, auf eine ganz besondere Art und Weise abtrainieren.

Auf gehts zum…

10:00 Alpakahof “Zwei Eichen” in Zernits

Ein alter Dreiseithof, ein kleiner Hofladen, viel Wolle, zwei Eichen und eine große Alpakaherde: das ist der Alpakahof in Zernits. Was als kleines Hobby mit zwei Tieren begann, ist längst Berufung für die Besitzer Heidi und Heinz Rühlich geworden. Seit 2005 züchtet das Paar die aus Südamerika stammenden Tiere, erzählte uns Freu Rühlich, während sie uns vorbei an einer Gruppe Hengste führte, die auf mich wie kleine Machos wirkten. Unser Ziel war die Stutengruppe und ihre Fohlen, die uns neugierig aus großen Kulleraugen betrachteten, langsam auf uns zu kamen und an unseren Schuhen knabberten. Hier hat man die Chance, die Tiere, die nicht komplett zahm sind, zu streicheln und ein Gefühl für ihr unglaublich weiches Fell zu bekommen. Schön ist das.

Adresse: Grüne Straße 9, 39264 Zernitz

Im Anschluss ging es für uns auf die Hengstweide, auf der wir schon von Micha, Marcel und Mew, unseren Wanderpartnern, erwarte wurden. Nach einer kurzen Einweisung “ordentlich festhalten und nichts fressen lassen!” standen wir mit “unseren” Alpakas auf der Straße. Auf ging die Wanderung hinaus aus Zernitz in die Natur. Dabei strahlten die stolzen Tiere gleichzeitig eine enorme Ruhe und Präsenz aus und forderten volle Aufmerksamkeit. Das ist wie Yoga für die Seele, absolut entspannend. Nach einer entspannten Wanderung hieß es Abschied nehmen. Doch eins war uns sofort klar: Das war definitiv nicht unser letzter Besuch bei Micha, Marcel und Mew!

Die 24 Stunden im Westfläming waren so reich an Kuriositäten, leckerem Essen, netten Menschen und spannenden Orten, das ich nur jedem von euch empfehlen kann, selbst einmal Urlaub in der Region zu machen.

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